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Neue orale Antikoagulantien (NOAK) zur Schlaganfall-Prophylaxe bei nicht valvulärem Vorhofflimmern [Fachkreise]

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Neue orale Antikoagulantien (NOAK) werden zur Prävention und Therapie eingesetzt, um Thromboembolien und Folgekrankheiten abzuwenden. Dazu zählt auch das nicht valvuläre Vorhofflimmern (nvVHF), das die Wahrscheinlichkeit für einen Schlaganfall erhöht. Vorhofflimmern (VHF) ist die häufigste klinisch relevante Herzrhythmusstörung im Erwachsenenalter, in Deutschland sind nach Schätzungen etwa 1,8 Millionen Menschen erkrankt.(1) Vorhofflimmern (VHF) erhöht das Risiko für einen Schlaganfall um den Faktor 5, weswegen Patienten mit einem zusätzlichen Risikofaktor gemäß der Leitlinien kardiologischer und neurologischer Fachgesellschaften eine orale Antikoagulation bevorzugt mit neuen oralen Antikoagulanzien (NOAK) erhalten sollten. Alternativ können auch Vitamin-K-Antagonisten (VKA) zum Einsatz kommen.(2,3)

Die Empfehlung für neue orale Antikoagulanzien (NOAK) wird unter anderem durch eine Metaanalyse großer Phase-III-Studien gestützt. Darin reduzierten NOAK das Risiko für Schlaganfälle und systemische Embolien signifikant im Vergleich zu VKA um 19 % (p < 0,0001). Insgesamt zeigte sich darüber hinaus eine niedrigere Gesamtsterblichkeit (RR 0,90, p = 0,0003) sowie eine signifikante Reduktion der Inzidenzrate an intrakraniellen Blutungen (RR 0,48, p < 0,0001) bei etwas höherer Rate an gastrointestinalen Blutungen (RR 1,25, p = 0,04).(4)

Einer der oralen Faktor-Xa-Inhibitoren ist Rivaroxaban (Xarelto®)#. Rivaroxaban hemmt den Faktor Xa und greift damit an einer Schlüsselstelle der BIutgerinnungskaskade an. Dabei beeinflusst die Faktor-Xa-Inhibition den bestehenden Thrombinspiegel nicht. Thrombin steht somit für die primäre Hämostase zur Verfügung. Rivaroxaban hemmt jedoch selektiv die Entstehung von Thrombin, indem es in die Gerinnungskaskade auf der Stufe der Verstärkung eingreift. Dabei agiert das Molekül an drei verschiedenen Stellen: Es hemmt sowohl den freien und den Fibrin gebunden Faktor Xa als auch Faktor Xa im Prothrombinasekomplex.(5)

Faxtor Xa Inhibition

Wirkmechanismus Rivaroxaban – Faxtor Xa Inhibition (Quelle: Bayer Vital: L.DE.GM.02.2015.1967)

Rivaroxaban wurde in der Phase-III-Studie ROCKET AF im Vergleich zu VKA geprüft.(5) Es verhinderte Schlaganfälle und systemische Embolien ebenso gut wie Warfarin (primärer Wirksamkeitsendpunkt, Inzidenzrate 2,1% vs. 2,4 % pro Jahr, HR 0,88,  p < 0,001 für Nichtunterlegenheit).(6)*   Bei vergleichbarer Inzidenzrate des primären Sicherheitsendpunktes – der Kombination aus schweren und klinisch relevanten nicht schweren Blutungen – traten intrakranielle Blutungen und tödliche Blutungen unter Rivaroxaban signifikant seltener auf (0,5 % vs. 0,7 % pro Patientenjahr, HR 0,67, p = 0,02 bzw. 0,2 % vs. 0,5 % pro Patientenjahr, HR 0,50, p = 0,003, sek. Sicherheitsendpunkte).(6) Es ist darauf hinzuweisen, dass die Patienten in ROCKET AF ein höheres Risiko für Schlaganfälle hatten als jene in anderen NOAK-Zulassungsstudien wie RELY (7), ARISTOTLE (8) und ENGAGE (9) (CHADS2-Scores 3,5 für ROCKET AF vs. 2,1 bzw. 2,1 bzw. 2,8).

Real-Life-Studien und -Datenanalysen mit Rivaroxaban

Ergebnisse aus klinischen Studien lassen sich nur bedingt auf den Praxisalltag übertragen. Es ist daher wichtig zu prüfen, wie sich eine Therapie in der Routineversorgung bewährt. Für Rivaroxaban wurden aktuell die Ergebnisse der prospektiven Phase-IV-Studie XANTUS sowie der retrospektiven Datenanalysen RELIEF und REVISIT-US veröffentlicht.

XANTUS

XANTUS ist die erste internationale, prospektive Studie, in der ein NOAK zur Schlaganfall-Prophylaxe bei nicht valvulärem Vorhofflimmern (nvVHF) im Praxisalltag untersucht wurde.(9) Ziel war es, die Sicherheit und Wirksamkeit von Rivaroxaban unter Alltagsbedingungen zu dokumentieren. Patientendaten wurden beim Erstbesuch, ggf. bei der Entlassung aus dem Krankenhaus und anschließend alle drei Monate erhoben. Die Abschlussuntersuchung erfolgte nach einem Jahr, bei vorzeitigem Therapieende 30 Tage nach der letzten Gabe. Primäre Endpunkte waren schwere Blutungen (nach den Kriterien der International Society on Thrombosis and Haemostasis, ISTH), die Gesamtmortalität sowie alle weiteren unerwünschten Ereignisse. Sekundäre Endpunkte waren unter anderem symptomatische Thromboembolien, zu denen Schlaganfälle, systemische Embolien, transitorische ischämische Attacken und Myokardinfarkte zählten, und nicht schwere Blutungsereignisse. Darüber hinaus wurden die Therapiepersistenz und -zufriedenheit der Patienten erfasst.

In die Auswertung gingen die Daten von 6.784 Patienten mit nvVHF ein (Sicherheitspopulation).(10) Ihr mittleres Alter betrug 71,5 Jahre, ihr mittlerer CHADS2- bzw. CHA2DS2VASc-Score 2,0 bzw. 3,4. Schwere Blutungen ereigneten sich mit einer Inzidenzrate von 2,1 % pro Patientenjahr, für intrakranielle und gastrointestinale Blutungen betrugen die Raten 0,4 % und 0,9 %, für Schlaganfälle und systemische Embolien 0,8 %.(10)  Die Werte bestätigen das in ROCKET AF (mittlerer CHADS2-Score der Patienten 3,5) gezeigte positive Nutzen-Risiko-Profil, und in XANTUS wurde ein ähnliches Patientenrisikokollektiv wie in der ARISTOTLE-Studie untersucht (mittlerer CHADS2-Score 2,0).(8) In XANTUS betrugen die Inzidenzraten für die Gesamtmortalität und für Thromboembolien 1,9 % und 1,8 % pro Patientenjahr.(9) Bei 96,1 % der Patienten traten weder schwere Blutungen, symptomatische thromboembolische Ereignisse noch Tod jeglicher Ursache auf.(10)

Damit zeigte Rivaroxaban auch in diesem Kollektiv ein gutes Sicherheitsprofil und bot effektiven Schutz vor Schlaganfällen. Dazu dürfte nicht zuletzt die hohe Persistenz der Patienten unter der Rivaroxaban-Therapie beigetragen haben. Sie betrug in XANTUS nach einem Jahr rund 80 %.(9) Darüber hinaus gaben ca. 75 % der Patienten an, dass sie mit der Therapie sehr zufrieden oder zufrieden waren.(10)

RELIEF

RELIEF ist eine retrospektive IMS-Datenbankanalyse aus Daten deutscher Ambulanzen oder Notaufnahmen.(11)  Ziel war es, die Inzidenz eines kombinierten Endpunktes aus ischämischem Schlaganfall, TIA, Myokardinfarkt sowie intrazerebralen und anderen nicht traumatischen intrakraniellen Blutungen unter Rivaroxaban und VKA zu vergleichen. Es wurden jeweils 1.039 Patienten mit nvVHF und einer Neueinstellung auf Rivaroxaban bzw. einer VKA-Therapie gematcht.(11)

Das Schlaganfallrisiko war in beiden Armen vergleichbar (CHADS2-Score 1,7 im Rivaroxaban-Arm bzw. 1,8 im VKA-Arm, CHA2DS2VASc-Score jeweils 3,9). Die Beobachtungsdauer betrug mindestens 360 Tage, gerechnet ab der ersten Verordnung. Unter der Therapie mit Rivaroxaban wurde die Wahrscheinlichkeit für den kombinierten Endpunkt im Vergleich zu VKA nahezu halbiert (1,97 versus 3,68 Ereignisse pro 100 Patientenjahre, HR = 0,54, p = 0,02), und sämtliche Einzelereignisse des kombinierten Endpunktes traten unter Rivaroxaban numerisch seltener auf.

REVISIT-US

REVISIT-US ist eine retrospektive US-amerikanische Datenanalyse. Analysiert wurden Patienten mit nvVHF, die neu auf Rivaroxaban oder Warfarin eingestellt wurden. Ziel war es, die Wirksamkeit und Sicherheit im Vergleich zu Warfarin zu dokumentieren. In der Gegenüberstellung von Rivaroxaban und Warfarin wurden jeweils 11.411 Patienten gemacht.

Rivaroxaban ging im Vergleich zu Warfarin signifikant seltener mit intrakraniellen Blutungen HR (95 % KI) 0,53 (0,35 – 0,79) (RRR -47 %, p < 0,05) und numerisch seltener mit ischämischen Schlaganfällen einher HR (95 % KI) 0,71 (0,47 – 1,07) (RRR -29 %). Die Reduktion des kombinierten Endpunktes aus intrakraniellen Blutungen und ischämischem Schlaganfall um 39 % war wieder signifikant (p < 0,05) HR (95 % KI) 0,61 (0,45 – 0,82).(12)

Diese aktuellen Ergebnisse zeigen, dass Rivaroxaban auch im Praxisalltag und über einen breiten CHADS2-/ CHA2DS2VASc-Score Bereich hinweg ein konsistent positives Nutzen-Risiko-Profil aufweist. Sie ergänzen die bereits publizierten Auswertungen des Dresdner NOAC-Registers (13) und einer großen US-Pharmakovigilanzstudie(14) und bestätigen so einmal mehr die Ergebnisse der Phase-III- Studie ROCKET AF.

# Fachinformation Xarelto® 15 mg/20mg, Stand: Juli 2015
* Time in therapeutic range im VKA-Arm: 55 %

  1. Wilke T et al. Europace 2013; 15: 486-493
  2. Camm AJ et al. Eur Heart J 2012; 33: 2719-2747
  3. S3-Leitlinie ‘Sekundärprophylaxe ischämischer Schlaganfall und transitorische ischämische Attacke’, Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft, Deutsche Gesellschaft für Neurologie, 2015
  4. Ruff C et al. Lancet 2014; 383: 955-962
  5. Kubitza D, Haas S. Novel factor Xa inhibitors for prevention and treatment of thromboembolic diseases, Expert Opin Investing Drugs 
2006; 15: 843-855
  6. Patel MR et al. N Engl J Med 2011; 365: 883-891
  7. Connolly SJ et al. N Engl J Med 2009; 361: 1139-1151
  8. Granger CB et al. N Engl J Med 2011; 365: 981-992
  9. Giugliano RP et al. N Engl J Med 2013; 369: 2093-2104
  10. Camm AJ et al. Eur Heart J 2015 doi: 10.1093/eurheartj/ehv466
  11. Coleman CI et al. Int J Cardiol 2016; 203: 882-884
  12. Coleman CI et al ECAS 2016, Paris / Frankreich, Abstract 15-48
  13. Beyer-Westendorf J et al. Blood 2014; 124: 955-62
  14. Tamayo S et al. Clin Cardiol 2015; 38(2): 63-68
  15. Kloster-Presseworkshop 2016: Xarelto® im Routineeinsatz – Halten Praxisdaten, was klinische Studien versprechen? Juli 2016; Veranstalter: Bayer Vital GmbH.
L.DE.COM.GM.08.2016.3106 (in Anlehnung an: L.DE.COM.GM.06.2016.3026)

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